Ist es möglich, Strom und Wärme ganzjährig im eigenen Haus zu produzieren?
Erste Erfahrungen zeigen: Es funktioniert! Dank einer Kombination aus Solarenergie und Wasserstoff können sich Privathaushalte autark machen und zu 100 Prozent mit grünem Strom versorgen. Allerdings ist das klimaschonende Verfahren teuer und amortisiert sich ausgehend von heutigen Preisen erst nach über 25 Jahren.
Strompreiserhöhungen, CO2-Abgaben, drohende Stromausfälle – viele Menschen träumen davon, ihr Haus ökologisch zu modernisieren und sich damit von öffentlicher Stromversorgung gänzlich unabhängig zu machen. Hier könnte Wasserstoff als Energiequelle eine immer größere Rolle spielen. Dabei nutzt ein neues Verfahren Photovoltaik in Verbindung mit der Brennstoffzellen-Technologie. Es erzeugt Strom und Wärme zu allen Jahreszeiten und ist dabei klimaneutral.
Wasserstoff als Stromspeicher
Das Energiekonzept auf der Basis von solarem Wasserstoff sieht auf dem Dach Solarmodule vor und im Keller eine Art Energiezentrale. In der wird durch Elektrolyse überschüssige Energie in Wasserstoff umgewandelt, die für den Winter eingelagert und je nach Bedarf über die Brennstoffzelle wieder in CO2-freien Strom zurückgewandelt wird. Wenn Solarenergie per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt wird, lässt sich dieser praktisch unbegrenzt speichern. Entwickelt wurde das System „picea“, eine Technologie des „Stromspeicherns“ zur Anwendung in Privathaushalten von dem Berliner Start-up Home Power Solutions (HPS). Weitere Unternehmen stehen bereits in den Startlöchern.
Unabhängigkeit hat ihren Preis
„Die Kombination aus Solarenergie und Wasserstoff ist zukunftsträchtig, aber noch ist sie teuer und amortisiert sich erst nach über 25 Jahren“, sagt Holm Breitkopf von der BHW Bausparkasse. „Wir wünschen uns, dass die ‚Nationale Wasserstoffstrategie‘ der Bundesregierung dazu beiträgt, intelligente Systeme für Privathaushalte künftig stärker zu fördern.“ Von der Förderbank KfW gibt es aktuell einen Zuschuss von bis zu 10.000 Euro für eine Brennstoffzellen-Heizung und bis zu 15.000 Euro für die Installation des Picea-Systems. Holm Breitkopf empfiehlt Interessierten, sich bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) beraten zu lassen und sich über die innovativen Projekte zu informieren.
Mit Wasserstoff zur Energiewende
In Reinform gibt es Wasserstoff nicht. Zwar ist er das häufigste Element im Universum und in jedem Wassermolekül enthalten. Soll er jedoch als Energieträger wirken, muss Wasserstoff technisch hergestellt werden. Die Krux: Das geht nur mit viel Energie. Wird die Herstellung von Wasserstoff mittels fossiler Stoffe wie Gas oder Kohle betrieben, schadet das dem Klima. Umweltfreundlich und „grün“ ist Wasserstoff nur, wenn er mittels regenerativer Energien wie Solar- oder Windenergie erzeugt wird. Durch die Verwandlung des Ökostroms in Wasserstoff wird die Energie lange speicherbar und versorgt ein Haus das ganze Jahr über. Das ist ein Vorteil gegenüber Solarsystemen, die in sonnenarmen Monaten Strom aus konventionellen Quellen beziehen müssen.
Klimaneutrale Stadtquartiere
Beispiele wie das Einfamilienhaus in Zusmarshausen sind die Ausnahme. Auch das Viertel „Neue Weststadt“ in Esslingen, das 450 Wohnungen umfasst, wird klimaneutral versorgt und ist eines von sechs geförderten Leuchtturmprojekten bundesweit. Hier wird deutlich, wie viel Potenzial in dem neuen Energiekonzept auf Basis von solarem Wasserstoff steckt. Das Projekt wird vom Bundeswirtschafts- und Forschungsministerium gefördert und zielt auf erhöhte Wirtschaftlichkeit durch größere Energieanlagen. Im Fokus stehen Quartierslösungen, die mittels dezentraler Wasserstoffkreisläufe ökologisch, wirtschaftlich und sicher betrieben werden. Professor Fisch von der TU Braunschweig, einer der führenden Experten, ist überzeugt: „Ohne Wasserstoff keine Energiewende!“
Foto Titel: ennogie.com / Tom Bush / BHW Bausparkasse
Siehe auch: ÖKOLOGISCH BAUEN: Teil 1 Das Hanfhaus